Pfarrei St. Wolfgang Regensburg

Rundgang durch die Wolfgangskirche

Die Wolfgangskirche

An der Raumwirkung und an der Ausstattung einer Kirche lässt sich erkennen, wie eine Gemeinde ihren Glauben und sich selbst versteht. Die Wolfgangskirche ist dafür ein gutes Beispiel. Diese Beschreibung will keinen Kirchenführer ersetzen, sondern auf Besonderheiten deuten.

Der Raum

Beim Eintreten empfängt uns mystische Dunkelheit, unter den schweren Steinbögen wird es hell. Man wird angezogen von der gewaltigen Höhe des Kreuzraums. Nach dem Dom gehört er zu den gewaltigsten Räumen Ostbayerns. Die Kassettendecke befindet sich in 23 Meter Höhe. Niederkirche und Hochkirche sind in ihrer Grundfläche gleich groß, bilden aber zwei völlig geartete Raumteile, sie symbolisieren die beiden Naturen Christi: Gott und Mensch. Ihr gegenseitiges Kräftespiel gilt als die spektakulärste Raumerfindung Böhms.

Sodann beeindrucken die hellen Wandflächen. Was vielen schmucklos erscheint, ist in Wirklichkeit Ausdruck tiefster, jenseitsbezogener Darstellung. Der Gottesstadt ist eigen, kein Beiwerk zu benötigen, nicht einmal Mond oder Sonne zum Leuchten. In ihr ist die alte Schöpfungsordnung aufgehoben, denn Gott selbst ist ihr Schmuck. Darum bedarf die Wolfgangskirche keiner Dekoration, die unser Gottesbild in eine bestimmte Richtung lenken würde. Zudem schildert die Bibel die Leere als Ort einer besonders intensiv erfahrbaren Gottesgegenwart, so in der Wüste oder in der Einsamkeit. Die Wolfgangskirche lebt ausschließlich aus elementaren Vorstellungen und erreicht dadurch ihre Monumentalität. Auch das Symbol des Lammes fehlt nicht, das der Gottesstadt eigen ist: Johannes trägt es.

Die Rundfenster

Die farbenfrohe Westrosette wirkt wie ein riesiger Edelstein. Sie ist aus 17.300 Einzelteilen zusammengesetzt. Die märchenhafte Sinfonie der Farben konzentriert sich auf den geheimnisvollen Dreiklang, der den Glasmalereien des Mittelalters eigen war: das Rot, das damit kontrastierende Grün und das satte, tiefe Blau. Dazwischen flirren goldgelbe Splitter. Gold ist die Farbe göttlicher Majestät. Im Zentrum der Rose, in dem ein Kreuz eingeschrieben ist, flimmern die Gläser brillierend um die Wette und mischen sich zu einem prickelnden Feuerwerk. Die strenge Geometrie des Rundfensters besteht aus dem Blütenkern, es folgt eine doppelte Reihe von Rosenblättern und außen ein Kranz von zwölf Kreuzscheiben. Dominikus Böhm schuf ein Dutzend kolossaler Radfenster in stetiger Weiterentwicklung. Die prachtvolle Chorrose von St. Wolfgang gilt als seine schönste. Unter dem Rosenfenster öffnet sich der größte Orgelprospekt unserer Diözese. Über zwölf Meter Breite beträgt die Fassade der Pfeifen. Die vier Rosenfenster geben der Pfarrgemeinde wie Sterne oder Kompass Orientierung auf dem Weg durch die Zeit.

Das Wolfgangshochgrab

Das Hochgrab des Titelheililgen in der Mittelachse der Kirche wurde nach der Wolfgangstumba in St. Emmeram ausgeführt. Bischof Wolfgang trägt jugendliche, ideale Gesichtszüge im Christusalter, er ist lebend und mit fürstbischöflichem Ornat dargestellt. Wolfgang wirkte 22 Jahre lang als Bischof von Regensburg, gründete das Bistum Prag und starb 70-jährig am 31. Oktober 994.

Dort, wo das Herz schlägt, wurde 2004 eine Reliquie des heiligen Wolfgang in die steinerne Liegefigur eingefügt. Im Schauglas war die lateinische Inschrift eingraviert: Sepulcrum Sancti Wolfgangi episcopus, Grab des heiligen Bischof Wolfgang. Leider wurde die Reliquie unwiederbringlich gestohlen. Hier ist dennoch – oder vielleicht gerade dadurch – ein Ort der Erinnerung, an dem die Gläubigen die Nähe und Fürbitte unseres Pfarrpatrons besonders verspüren. Zum Abschluss unseres kleinen Rundgangs bietet sich ein Besuch in der Taufkapelle an.

Petrus in der Reuhe

Beim Eintritt in den Kapellentrakt treffen wir auf ein beachtliches Werk des deutschen Expressionismus: Der hl. Petrus zwängt sich in eine Wandnische. Es handelt sich um eine meisterhaft gelungene Bronzeplastik (1947) von Gottfried Böhm (geb. 1920), Sohn des Kirchenarchitekten.

Als bisher einziger Deutscher erhielt er den Nobelpreis in Architektur. Mit dieser Figur nahm er nach dem Krieg den Stil eines Ernst Barlach wieder auf und entwickelte ihn weiter. Das Dritte Reich hatte diese Kunstrichtung geächtet.

Das Baptisterium

Die Taufkapelle ist ein besonders kostbares Juwel, das mit einem historischen Ereignis verknüpft ist: Seine Eminenz Joseph Kardinal Ratzinger, damals Präfekt der Glaubenskongregation und Kardinalsdekan, segnete das renovierte Baptisterium am 31. Oktober 2001, drei Jahre vor seiner Papstwahl.

Eine Tafel am Eingang zur Taufkapelle kündet von dieser Benediktion, es ist wohl der einzige Sakralraum in der Diözese, den der spätere Papst weihte. Das Baptisterium zeichnet sich wie der Kirchenbau insgesamt durch die Vollkommenheit in den Proportionen aus. Durch die Kuppel wird im Raumkörper eine exzellente Klangwirkung erzielt.

Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau

Im Zweiten Weltkrieg fielen 250 Pfarrangehörige auf Kriegsschauplätzen. Ihre Namen sind auf den Tafeln an der Südwestecke in der Kirche verzeichnet. Daheim waren zusätzlich 200 Opfer bei Bombenangriffen zu beklagen, der schwerste ereignete sich am Dienstag, den 28. Dezember 1944, vier Jahre nach der Fertigstellung der Wolfgangskirche. Die Schlacht um Stalingrad war längst verloren, die Alliierten standen bereits auf deutschem Boden, ihre Bombenabwürfe sollten die Bevölkerung zermürben. Am besagten Tag der Unschuldigen Kinder schlug ein Bombenhagel um 12.30 Uhr mittags eine Schneise von der Theresienkirche bis zur Eigenheimsiedlung hinauf. In diesen Sekunden verloren 29 Menschen ihr Leben, darunter alle neun Mitglieder der Bäckersfamilie Graf aus der Kumpfmühler Straße mit Ausnahme der Tochter Hilde. Pfarrhof und Kirche erhielten Volltreffer. Das steinerne Wolfgangshochgrab wurde zum Altarraum geschleudert, der Niederkirche fehlte das Dach. Die Verdunkelung der Kirche mit grünen Binsenmatten hatte den Angriff nicht verhindern können. Noch 1996 stieß man beim Pfarrheimbau hinter der Kirche auf einen Bombentrichter.

An dieser Stelle gilt unser Andenken Stadtpfarrer Georg Lacher, der sich um die Opfer in heroischer Weise angenommen hatte. Ein Jahr vor dem besagten Angriff hatte ihn Erzbischof Buchberger nach St. Wolfgang entsandt, wo er dann mehr als eine Generation prägte (1943 – 1972). Noch heute ist Prälat Lacher für Kumpfmühler ein Begriff. Er ließ die schwer beschädigte Pfarrkirche, die Hauskapelle und das Pfarrhaus unter unvorstellbaren persönlichen Einsatz herrichten. Ihm zu Ehren zeigt das Steinrelief bei der Pfarrhaustür den hl. Georg, auch eine Kirchenglocke ist nach seinem Namenspatron benannt. Unter ihm wuchs St. Wolfgang zur größten Pfarrei im Bistum, bis St. Paul 1972 abgetrennt wurde. Seine Verdienste wurden gewürdigt durch die Verleihung des Ehrentitels Prälat, den er in St. Wolfgang noch fünf Jahre tragen durfte. Er starb er am 1. Oktober 1974 mit 71 Jahren, sein Grab befindet sich an der Friedhofsmauer in Neukirchen-Balbini.

Für Stadtpfarrer Lacher war die Not seiner Pfarrkinder auch seine eigene. Dabei ist besonders das Flüchtlingselend anzusprechen. Vertriebene wurden in der Ganghofersiedlung und an der Theodor-Storm-Straße einquartiert, die Zahl der Pfarrkinder stieg dadurch auf 14.000 an, aber es fehlte ein weiterer Kindergarten, der schließlich 1953 genehmigt wurde. Der Schriftwechsel im Pfarrarchiv spricht von der verheerenden Lage nach der Kapitulation. Überall fehlte Baumaterial, der Schwarzmarkt blühte, denn die Reichsmark war nichts mehr wert, Tauschhandel war angesagt. In diesem Elend sollte die zerstörte Stadtpfarrkiche wieder hergestellt werden. Manche meinten, Wohnhäuser seien notwendiger. Im Mai 1947 waren die Schäden an den Fensterrosetten mit Glasstücken des zerstörten Münchner Hauptbahnhofs ausgebessert. Im gleichen Jahr wurden auch die fünf Glocken aufgezogen. 1948 stand das neue Pfarrhaus. Seine Hauskapelle hält im Patronat der Unschuldigen Kinder den Bombenangriff in Erinnerung.

Bald zeigte sich, dass eine Pfarrgemeinde der Mitte bedarf, gerade nach jenen bitteren Jahren, in denen sich eine Ideologie ohne Gott ausbreiten konnte. Noch mehr: In den Jahren der Armut stifteten die Pfarrkinder wertvollste liturgische Geräte zur Ehre Gottes: den Wolfgangskelch und die Wolfgangsmonstranz, eine der seltenen Goldschmiedearbeiten jener Nachkriegsjahre, einmalig in der Diözese.

Elf Jahre nach Baubeginn und fünf Jahre nach ihrer Verwüstung konnte endlich der Weihetag der Pfarrkirche angesetzt werden. Man schrieb den 12. Juni 1949. Erzbischof Dr. Michael Buchberger konsekrierte die Wolfgangskirche, die Teilnahme der Gläubigen an dieser bewegenden Feier war groß.

St. Wolfgang wird größte Pfarrei

Pfarrgeschichte berührt und spiegelt stets die allgemeine Entwicklung ihres Umfelds. Während der folgenden Aufbaujahre nach dem Krieg war auch eine religiöse Aufbruchsstimmung zu spüren. Alte Kumpfmühler erzählen, wie dicht die Menschen in der Wolfgangskirche die Sonntagsmessen verfolgten, und der Mesner konnte sich mit seinem Klingelbeutel schwerlich einen Weg durch die Menge bahnen. Damals leuchteten alle Facetten pfarrlichen Lebens auf. Die Gläubigen wurden zu Standespredigten, Anbetungen und zur Monatskommunion eingeladen, 1950, 1961 und 1978 wurden Volksmissionen abgehalten. Eine Krankenpflegestation kümmerte sich um die Hauspatienten, die Pfarrcaritas sammelte Sachspenden und verteilte materielle Hilfe, Kinder wurden mit Essen versorgt, und Weihnachtspäckchen in die DDR verschickt. Es war die Blütezeit der Volkskirche, jede und jeder gehörte dazu.

Es wuchsen neue Siedlungen, darunter die Trabantenstadt Königswiesen. Universität und Fachhochschule wurden gegründet, Studenten zogen ins Pfarrgebiet. Die Pfarrei, die mittlerweile 17.150 Katholiken zählte, wurde 1972 geteilt und die neue Pfarrei St. Paul entstand.

Die Ministrantenzahl erreichte 1970 ihren höchsten Stand mit 120 Buben, die starken Jugendstämme der Pfadfinder und der Pfadfinderinnen verbrachten ihre Wochenenden gern im Landhaus Lindach bei Kelheim. Die pfarrlichen Verbände blühten auf, so der bereits 1926 gegründete Mütterverein, die Marianische Männerkongregation, das Werkvolk (KAB), 1946 wird die Kolpingfamilie ins Leben gerufen, 1970 der Frauenbund und schließlich 1973 der Altenclub.

Weil ein Pfarrheim fehlte, traf man sich im Behnerkeller oder im alten Pfarrsaal an der Theodor-Storm-Straße. Es wurden auch Räume im Scala-Kino gemietet, die Mädchen trafen sich in einem Refugium hinter der Kirche, der Kirchenchor im Keller des Pfarrhauses. Wenn auch die Raumsituation ungenügend war, so zeigten doch alle Gruppen ein reges Leben und zählen bis heute zu den Säulen der Pfarrgemeinde. Viele Ordensschwestern und 54 Neupriester kamen seit Bestehen der Pfarrei bis 2018 hervor, eine beachtliche Anzahl. Der Großteil von ihnen sprach in diesen Jahrzehnten tiefer Frömmigkeit ihr Adsum (“Hier bin ich – Ich bin bereit.”). Etliche entschlossen sich, in die Mission zu gehen, einer unter ihnen wurde Bischof in Südafrika, Dr. Hubert Bucher.

Frische nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Die Jahre des Wirtschaftswunders zeigten bald eine andere, bittere Kehrseite: Viele vergaßen die Sorge um die eigene Seele. Doch das Zweite Vatikanische Konzil brachte die Öffnung zur Welt, und den Pfarrgemeinden einen spürbaren Aufbruch.

Nach der Liturgiereform wurde das Kreuz, das sich bisher auf dem Altarstein befand, in den Lettner zurückversetzt. Als 1968 im Sinne des Konzilsdekretes Lumen Gentium Pfarrgemeinderäte ins Leben gerufen wurden, erwies sich dieser Schritt als segensreich. Laien sind aus dem Leben der Pfarrgemeinde nicht mehr wegzudenken.

In der Zeit nach dem Konzil war Stadtpfarrer Helmut Huber (1972 – 1992) in St. Wolfgang. In seine Amtszeit fielen umfangreiche Reparaturarbeiten, die in den Jahren 1974 bis 1979 am Dachstuhl und an den Außen- und Innenwänden der Pfarrkirche notwendig geworden waren. Auch der Einbau einer Fußbodenheizung in der Wolfgangskirche fällt unter seine Verantwortung. Pfarrer Huber war auch Sekretär des Priesterrates. Drei Jahre vor seinem Weggang wurde er zum Monsignore ernannt. 1992 zog er nach Freising, wo er als Direktor der Theologischen Fortbildung wirkte. Seit 2004 hilft der Prälat im Pfarrverband Allershausen und gegenwärtig in Kirchdorf mit.

Einen herben Einschnitt bildete 1987, als sich die Karmelitenpatres von St. Theresia zurückzogen, die dort segensreich gewirkt hatten. Um die Seelsorge aufrecht zu erhalten, helfen seitdem die Priester der Pfarrei aus. Seit 1995 geschieht dies auch im Bürgerheim.

Die letzten Jahre sind unseren Lesern noch gut in Erinnerung. Sie zu beurteilen wird späteren Zeiten vorbehalten sein, dennoch sollen drei Bereiche erwähnt werden: auf den Pfarrheimbau, auf die Kirchenrenovierung und auf die Herausforderungen in der Seelsorge, denn eine Pfarreigeschichte darf nicht nur Bauwerke oder Renovierungen aufzählen.

Der Bau des Pfarrheims 1996 – 1998

Jahrzehntelang hat die Pfarrgemeinde auf ein neues Pfarrheim gewartet (Das Bild zeigt den Platz, auf dem heute das Pfarrheim steht). Endlich am 22. Januar 1993 fiel unter dem neuen Pfarrer Alois Möstl der Beschluss der Kirchenverwaltung zu einem Pfarrheimbau. Kirchenpfleger Prof. Dr. Gottfried Nahr ging energisch das Projekt an, und zwar folgendermaßen:

Bereits 1940 gab es Pläne vom Kirchenarchitekten Böhm, an der westlichen Seite der Kirche ein Gemeindehaus zu errichten, der Krieg ließ diese Pläne in Vergessenheit geraten, zumal dort inzwischen das Hemmaheim der Kath. Jugendfürsorge stand. Es wurde ernsthaft erwogen, den Schmauskeller oder das alte Skala-Kino zu erwerben und umzubauen, auch ein Standort im Pfarrgarten wurde debattiert.

In dieser Situation stellte sich eine glückliche Fügung ein: Mit dem Neubau des Hauses Hemma eröffnete sich 1993 die Möglichkeit zu einem Grundstückserwerb von der Kath. Jugendfürsorge, um Platz für das Pfarrheim im Westen der Kirche zu schaffen. Dazu musste die Grenze um einige Meter zum Haus Hemma gerückt werden. Dies gelang in zähen Verhandlungen. Die ursprüngliche Idee Böhms schien wieder realisierbar, dass Pfarrheim als Pendant zur Niederkirche zu errichten und damit einen Zentralbau zu schaffen.

Im November 1994 erhielt der Entwurf des Kölner Architekten Peter Böhm (geb. 1954), ein Enkel des Kirchenbaumeisters, den Zuschlag in einem Architektenwettbewerb. Ausschlaggebend war die konsequente, architektonische Umsetzung des zentralen Gedankens beim Bau der Wolfgangskirche: Christus ist die Mitte unseres Lebens.

Das neue Pfarrheim soll den bestehenden Vorbau der Kirche im Osten nun auch im Westen wiederholen. Es fügt sich ein in die Gesamtanlage, ihr Mittelpunkt ist der Altar. Hier mündet unser Wirken ein in den Lobpreis Gottes, von dort fließt unserer Pfarrgemeinde Kraft zu. Diese Grundidee ist in ihrer Einfachheit und Konsequenz bestechend. Denkmalpflege und städtebauliche Aufsicht waren davon begeistert.

Alle Gruppierungen der Pfarrei brachten ihre Wünsche für die Raumaufteilung im Pfarrheim vor, besonders die Jugend sollte sich im Untergeschoss wohlfühlen. Die Pfarrmitglieder unterstützten das Projekt in einer hervorragenden Weise mit Spenden und Patenschaften, und dies in einer Zeit, als Arbeitslosigkeit herrschte und Ausgaben hinterfragt wurden.

Der Grundstein, am 13. Juli 1996 gelegt, stammt aus der Nachbardiözese Pilsen. Die eigentliche Bauphase hatte es in sich. Schon die Wahl des Materials bedurfte einiger Überzeugungskraft, nicht nur bei den Mitgliedern der Kirchenverwaltung. Man entschied sich für glänzenden Weißbeton.

Beim Gießen gelang aber nicht jeder Abschnitt gleich gut, hier traten wetterbedingte Farbabweichungen auf, dort ist eine Betonnase abgesprungen. Die Firmen mussten Höchstleistungen erbringen, schließlich galt es, 500 Kilogramm schwere Schalungselemente, die wegen der erhabenen Fugen nur einmal verwendet werden konnten, auf den Millimeter genau zu platzieren und zu justieren.

Das Ergebnis: Einheit von Raum und Licht

Nun steht es da, das Bauwerk, und zeigt die Leistung der Bauleute. Wände, Steine und Hölzer sind weitgehend unbehandelt, was nicht heißt, dass später einmal auch ein Maler kommen kann. So ist der Bau ein Zeugnis für unsere Zeit, was ihr und der Kirche not tut: die Echtheit.

Architekt Peter Böhm dachte bei seiner Planung an das angrenzende Römerkastell, an die Straßen und Plätze der Regensburger Altstadt, an die Geschlossenheit und den meditativen Charakter der Wolfgangskirche mit ihren Kalksteinbändern und dem Maßwerk der Fensterrosen. Diese Gedanken übersetzte er, ohne die Wünsche der Pfarrmitglieder zu übersehen: Kolonnaden, die den sakralen Charakter unterstreichen und auf das Römerkastell verweisen, eine Gasse, Plätze, ein Labyrinth, die durchgehende Bänderung im Mauerwerk und die reich gegliederte Fassade des Pfarrheims, die sich zur Kirche hin öffnet. Es wuchs ein Schmuckstück, das die innere Konzeption der Kirche nach 50 Jahren vollendet.

Der Wolfgangsaal besticht durch seine ausgewogenen Proportionen und eine raffinierte Lichtführung. Das Rot der Deckenbemalung vermittelt eine religiöse Komponente. Durch drei gestaffelte Wandebenen hindurch bleibt die Pfarrkirche im Wolfgangsaal präsent.

Auch die künstlerische Ausstattung des Pfarrheims sollte nicht hinter der Architektur zurückstehen. Gott ist Licht und seine Gnaden durchdringen jeden Menschen wie die Sonnenstrahlen das Glas, ohne zu verletzen. Darum spielt Glas im Pfarrheim eine entscheidende Rolle. Der aus Kumpfmühl stammende Künstler Bernd Michael Nestler (* 1960) setzte hier Akzente.

Der 8. März 1998 sah eine bis auf den letzten Platz gefüllte Pfarrkirche, der ersehnte Tag der Einweihung durch Bischof Manfred Müller war gekommen. Die Kumpfmühler freuten sich über das gelungene Bauwerk. Es brachte neue Impulse in das Leben der Pfarrgemeinde. Beim Bischofsbesuch 2003 stellten sich 36 pfarrliche Gruppen und Verbände vor, die sich regelmäßig im Pfarrheim treffen, ihre Anzahl ist seither noch gestiegen. Durch das Pfarrheim als Kommunikationszentrum wurde auch der Bürgersinn in unserem Stadtteil beflügelt. Mit Unterstützung der Pfarrei entstanden Gruppen, die sich für die Belange unseres Stadtteils einsetzen, so die Kumpfmühler Runde, die Aktion Kumpfmühler Marktfest oder die Jahrtausendfeier 2009.

Hierbei ist auch das Kulturforum zu erwähnen, das Glanzpunkte im Bereich Bildung und Kultur setzt, darunter bewundernswerte Ausstellungen. Die Identität mit dem Stadtteil wurde bestärkt durch ein Fotoheft „Erinnerungen an Kumpfmühl“. Es war der erste Versuch, die Entwicklung und rasche Veränderung unseres Stadtgebietes mit alten Fotos zu belegen.

Ausführlicher Rundgang durch das Pfarrheim

Die Jahrtausendwende

Die Glocken von St. Wolfgang läuteten das Heilige Jahr 2000 ein. Es hatte viele Höhepunkte gesehen, darunter das große ökumenische Treffen mit evangelischen, orthodoxen und altkatholischen Christen während der Pfarrwoche. Dieses Miteinander gehört zur Glaubwürdigkeit. So fanden während des Baus des ev.-luth. Gemeindezentrums St. Johannes die Gottesdienste in St. Theresia und in unserem alten Pfarrsaal statt, ihr Kindergarten war in unserem Kindergarten St. Wolfgang II. untergebracht. Der rumän.-orth. Gemeinde stand die Krypta 2001 für ihre Liturgie offen. Viele Gemeinsamkeiten tätiger Nachbarschaft und Geschwisterlichkeit wären noch anzufügen.

Städtische Anonymität und unsere mobile Gesellschaft erfordern einen besonders intensiven Kontakt der Pfarrei mit ihren Gläubigen. Es bedarf immer wieder der Feste und Feiern, bei denen sich die Pfarrfamilie als Ganzes wahrnimmt. So wird auf Jubiläen besonderer Wert gelegt, wir feiern auch gerne das Patrozinium oder die Pfarrwoche. Zur Tradition zählen auch die Wallfahrten, sie festigen den Glauben und die Gemeinschaft. Dabei sind die Fußwallfahrer zum Frauenbründl und nach Altötting oder unsere große, alle zwei Jahre stattfindende Pfarrwallfahrt ebenso zu nennen wie mehrtägige Pilgerreisen. Brücken zu allen Pfarrangehörigen werden auch durch die Rosette geschlagen, ein besonders gestalteter Pfarrbrief, der seit 1996 dreimal im Jahr in alle Haushalte getragen wird und auch spirituelle Impulse enthält. Seit 1999 sind wir als eine der ersten Pfarreien im Internet präsent. Hervorzuheben ist die Geschlossenheit der Pfarrmitglieder. Möge dies auch fortan so bleiben!

Die Kirchenrenovierung 2001 – 2005 

Auswärtigen Besuchern fiel es zuerst auf: Eure Pfarrkirche zeigt Risse, Pfützen bilden sich bei Regen, die Wandflächen sind verrußt, die Neonröhren antiquarisch. In mehreren Bauabschnitten wurden zwischen 2001 und 2005 die Taufkapelle, das Kircheninnere, der Außenputz und schließlich die Krypta von Grund auf renoviert, auch das Eternit-Dach der Niederkirche, ausgeführt vom Büro Siegmüller.

Laservermessungen über einen längeren Zeitraum hinweg brachten Aufschluss über die Ursache der Risse, die auf einer Länge von zehn Metern die Hochwände spalteten: Es sind die Temperaturschwankungen in den Rosetten. Die leichteren Betonteile der Fenster verhalten sich dabei anders als das schwere Ziegelmauerwerk. Mit Stahlklammern wurde versucht, die Mauerbewegungen zukünftig in den Griff zu bekommen. Die Renovierung des Kirchenraums erfolgte in einer Rekordzeit von 19 Kalenderwochen mit einem ausgeklügelten Bauzeitenplan, damit sich die Gemeinde währenddessen nicht zerstreut. 

Mehrere Firmen arbeiteten gleichzeitig. Vom Juni bis Oktober 2004 fanden die Sonntagsgottesdienste in St. Theresia statt. Am Patroziniumsfest dieses Jahres konnte Bischof Gerhard Ludwig Müller das herausgeputzte Gotteshaus der Pfarrgemeinde zurückgeben. Der Innenraum begeisterte alle ob seiner Helle und Wärme, nicht zuletzt wegen des völlig neuen Lichtkonzeptes.

Von der großen Unterstützung und Opferbereitschaft der Pfarreimitglieder erzählt das Wolfgangsmedaillon an der Ostwand: Eine Malerei in Gold und Blau auf Glas drückt den Dank an die Wohltäter aus. Die Namen stehen symbolhaft für die vielen, die unbekannt bleiben wollten. Das Motiv zeigt einen Goldgulden mit dem hl. Wolfgang, der ein Kirchenmodell trägt. Die Scheibe hebt sich angenehm von üblichen Gedenksteinen ab.

2021 wurde mit dem Ersatzbau des Kindergartens St. Wolfgang 1 begonnen. Die Fertigstellung ist für die zweite Hälfte des Jahres 2024 vorgesehen.

Was bringt die Zukunft?

Rein äußerlich gesehen ist alles noch so wie vor 20 oder 30 Jahren. Der Hahn auf dem Dachreiter begrüßt nach wie vor als Erster die aufgehende Sonne, Kumpfmühl hat nichts von seinem Reiz verloren, wenngleich die baulichen Veränderungen unübersehbar sind.

Auch die religiöse Landschaft wandelt sich. Dabei macht unser Stadtteil keine Ausnahme im deutschlandweiten Trend zu neuen Lebensformen, geringer werdenden Kinderzahlen und zurückgehender religiöser Praxis.

Jeder Wandel birgt aber auch neue Chancen. Es besteht kein Grund zur Klage, denn Großveranstaltungen wie Weltjugendtage sind leuchtende Zeichen, dass sich die jungen Leute für den Glauben begeistern lassen. Unvergesslich bleibt der 12. September 2006, als der Heilige Vater im Papamobil an der Wolfgangskirche vorbeifuhr. Dicht gedrängt standen die Menschen entlang der Bischof-Wittmann-Straße, jubelten ihm zu und schwenkten Papstfahnen. Seit den 68er-Jahren war immer wieder zu hören, die Religion werde bald keine Rolle mehr spielen, dass es so etwas wie ein Naturgesetz gebe, wonach der christliche Glaube in Deutschland immer schwächer und kraftloser werde oder sich in ein anspruchsloses Kulturchristentum wandle. Das Gegenteil ist der Fall.

Natürlich werden sonntags die Kirchenbänke leerer, doch ist auch die Katholikenzahl von 11.000 (Jahr 1990) auf ca. 6.000 (2023) zurückgegangen. Die Gründe dafür sind nicht Kirchenaustritte, die gibt es auch, sondern die Fluktuation. Sie ist in unserer Pfarrei wie in keinem anderen Teil Regensburgs ausgeprägt. Jährlich gibt es etwa 600 Wohnungswechsel im Pfarrgebiet. Nicht jeder Neuzuzug ist wieder katholisch. Dennoch ist der Messbesuch dank des reichen Gottesdienstangebots und der mithelfenden Priester erfreulich.

Auch die Jugend ist nicht schlecht aufgestellt. 2007 wohnten in unserer Pfarrei 590 junge Leute zwischen 8 und 18 Jahren, inzwischen sind es wesentlich weniger. Ein Teil davon ist – trotz anderer Freizeitangebote – in unseren drei großen Jugendstämmen Ministranten, Pfadfinderschaft DPSG oder PSG während ihrer ganzen Jugendzeit oder auch nur für einige Jahre eingebunden. Die Seelsorger und Ehrenamtlichen investieren hier viel Engagement und Zeit.

Das erwachte Interesse an christlichen Werten und guter Erziehung spürt man in den großen Nachfragen auf einen Kindergartenplatz, denn unsere Kindergärten betreuen mehr Kinder, als es in dieser Altersgruppe in der Pfarrei gibt. Neue Familienkreise und Eltern-Kind-Gruppen sind ein weiterer Anlass zu berechtigter Hoffnung.

Eine Umfrage unter den Kirchenbesuchern im Jahre 1998 kam zum überraschenden Ergebnis, dass ein Teil von ihnen aus anderen Pfarrgemeinden zu uns wegen unserer Gottesdienste kommt, dies freut uns. Am meisten geschätzt wird die feierliche Gestaltung unserer Liturgie.

Aber auch die andere Seite soll nicht verschwiegen werden, und die Seelsorge muss darauf Antwort finden: Beziehungen zur Kirche werden gelockert, damit auch die Verbundenheit mit der Pfarrgemeinde. Sie beschränkt sich oft darauf, die Riten und Feiern als Angebote zu nutzen, sollten sie persönlich als bedeutsam erscheinen, doch prägend sind die Sakramente für viele nicht mehr. Dennoch sind diese Menschen religiös hungrig, denn die Welt mit ihren Plausibilitäten ist nicht alles. Viele praktizieren eine religiöse Selbstbezogenheit. Die Feststellung: “Ich habe einen christlichen Glauben, das genügt“, ist für viele zur Leit-Formel geworden. Hier stellt sich eine große Herausforderung an jede Pfarrei und die Kirche insgesamt: Wird sie in der Lage sein, diese ungebundenen religiösen Bedürfnisse zu stillen und sich so weit zu öffnen, dass auch Fernstehende eine Heimat in unserer Pfarrgemeinde finden?

Darum ist es wichtig, eine einladende Kirche zu bleiben, auch für Menschen in glaubens- und kirchenfernen Milieus. Einen Versuch dazu stellte unsere Pfarr- und Stadtmission 2008/09 dar, die sich unser Pfarrgemeinderat zur Herzensangelegenheit gemacht hat. Der heutige Mensch will die Heilsbotschaft in überzeugenden Formen neu hören als Antwort auf die allgemeine Ermüdung im Glauben und den Prozess der Entchristlichung.

Papst Benedikt XVI. sagte einmal: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt“. Die Pfarrei St. Wolfgang will sie ebnen helfen.

Literatur

Der Artikel zur Pfarreigeschichte wurde von Pfarrer Alois Möstl im Jahr 2009 verfasst. Verwendete Literatur:

Habbel, Josef: Dominikus Böhm – Ein Deutscher Baumeister, Regensburg 1943

Schnell, Hugo: Dominikus Böhm, München 1962

Reidel, Dr. Hermann: St. Wolfgang, Kleiner Kunstführer Nr. 1137, Schnell und Steiner 1978

Brülls, Holger: Neue Dome, Berlin – München 1994

Unveröffentlichte Quellen im Pfarrarchiv St. Wolfgang Regensburg

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